Montag, 5. April 2004
Sag' mal, du kleines Mistvieh,
wenn wir hier schon keine Kohle machen, willst du dann nicht wenigstens mal einen Beitrag schreiben, fragte der Zycota und hielt dem Meerschwein einen angespitzten Bleistift hin. - Ich kann doch gar nicht schreiben, log das Meerschwein, und außerdem ist der angekaut. Mach' du doch Reklame für's Theater, dann kommen schon welche, und wenn ein Affe kommt, kidnappen wir ihn (und ich bin weg, dachte sich das Meerschwein bei sich). - Wie macht man Reklame, fragte der Zycota. - Also, erst mal braucht man eine schöne Frau und ein Flens. - Was ist eine schöne Frau? - Na ja, hier ist länger keine vorbeigekommen, aber das liegt an dir. Hier geht nix ab. - Also los, dann schreib' jetzt endlich, sagte der Zycota gierig, und piekste ihm mit dem Stift in die Nase. Aber was verdammt Aufsehenerregendes, damit wir uns verstehen. Und mit meinem Namen drunter. - Mensch, jetzt hab' ich Nasenbluten. Du bist so grob wie meine Oma. Und noch durchgeknallter. Psychopath. Affentheater.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 29. Februar 2004
Die Stimmung verschlechterte sich
im weiteren Verlauf derart, dass das Meerschwein beschloss, sich der zuständigen Gewerkschaft anzuschließen und, wichtiger noch, sein Testament in den Abschnitten VI und XIII zu ändern. Es verfügte nunmehr (auszugsweise) wie folgt:

"Ich habe die deutsche - und sonst keine - Staatsangehörigkeit. Nach der gesetzlichen Erbfolge der Bundesrepublik Deutschland erhält folglich der Zycotá, der ein Arschloch ist und ich ein Meerschwein, wir also nicht verwandt, wenn ich dahinscheide, sowieso keinen blanken Heller. Trotzdem: Für den Fall, dass ukrainisches Erbrecht gilt, weil ich mal 'ne Postkarte aus Kiew gekriegt habe, und dieses anordnet, dass ständig angebrüllte Kleinstnagetiere (bin ich wohl, aber so wahnsinnig gut kenn' ich mich auch nicht aus in Bio) vom Brüller beerbt werden, oder brasilianisches, weil gerade Karneval in Rio im Zwoten kommt, und der danach auch irgendwie irgendwas abgreifen könnte, bestimme ich h ö c h s t v o r s o r g l i c h, dass das Schwein, ich mein' den Zycota, nichts kricht. Nihil. Nao. Falls die das in Kiew/Rio besser kapieren. NjetRs. Vielleicht können die noch 'n bisschen Russisch von früher. Gegeben zu Hamburg, den 28. Februar 2004. M. S. Außerdem hab' ich sowieso nix."

... link (1 Kommentar)   ... comment


Montag, 16. Februar 2004
Am dreiundzwanzigsten Tag erschien ein Besucher,
und forderte in rauhem Ton Eintritt in das Zelt, obwohl doch der Zycota auf einem weiteren Schild vermerkt hatte, dass das Meerschwein heute ganz und gar unpässlich sei. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass etwaiges Publikum die Konsequenz ziehen und nicht auf der Durchführung des Programms bestehen werde! Doch musste er feststellen, dass diese Hoffnung furchtbar vergeblich gewesen war. Der Besucher insistierte aufgebracht, dass man ihn sofort hineinzulassen habe. Zunächst versuchte der Z., ihm noch einmal mündlich begreiflich zu machen, was er mit Geschriebenem schon auszusagen geglaubt hatte. Er unterrichtete den Besucher, dass die Buchstaben "M.S.", die doch zweifelsohne gut lesbar seien auf dem Schild, das Meerschwein bezeichneten, und mit dem sich an die Buchstabenfolge "M.S." anschließenden Wort "UNPÄSSLICH" gesagt sein solle, dass das Meerschwein erkrankt sei und sich nach eigener Angabe zu schaustellerischen Darbietungen jedweder (auch der bescheidensten) Art schlechterdings nicht in der Lage sehe. Zur Betonung dieses Sachverhalts habe er, Zycota, Hanslois, Großbuchstaben verwendet, und zwar solche und in solcher Folge aneinandergereiht, dass sie das Wort "unpässlich" ergäben - wie der Besucher ja selbst sehen könne. Er, Zycota, könnte bereit sein zu erwägen, dem Besucher einen noch auszuhandelnden Teil des von dem Besucher gezahlten Eintrittsgeldes zurückzugeben, wenn dieser davon Abstand nehme, mit Gewalt, gegen den Willen des Zycota und zum größten Schaden des Meerschweins, das angesichts seines Gesundheitszustandes Aufregung jeder Art nicht zu bewältigen vermöge, in das Zelt einzudringen. Das Meerschwein lugte wegen des großen Lärms vor dem Zelt unter einer Plane hervor und machte einen blassen und geschwächten, ja kränkelnden Eindruck. Der Zycota wies den Besucher auch auf die Gesichtsfarbe des Meerschweins besonders hin. Das Meerschwein zeigte auf das Schild. Der Besucher drohte mit der Einschaltung eines Fachanwalts. Das Schild mit der Aufschrift "Aphenthea" fiel erneut herab, weil der Besucher dermaßen unbeherrscht an der Plane zog.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Freitag, 13. Februar 2004
Leider stellte der Zycota zu spät fest,
als er sich heiser geschrieen hatte, dass das Meerschwein vor Lärm Angst hatte und sich davon furchtbar einschüchtern ließ. Es kam dann zu Konzentrationsstörungen, nach solchen Schimpfkanonaden, die es dem armen Tier unmöglich machten, das ihm vom Zycota mühsam Antrainierte auch in ansprechender Form vorzuführen - weder das Feuerschlucken noch das Siebenereinmaleins noch die "Brennende Blindenschrift" wollten ihm dann noch gelingen. Nach einigen Tagen im Zelt mit dem Zycota und ganz vergeblichen Bemühungen um die Blindenschrift bekamen beide bösartige Kopfschmerzen. Der Zycota begann, an der Strategie zu zweifeln (es werde erst wieder zu essen geben, wenn das Programm stand und perfekt saß). Das Meerschwein wirkte erschöpft und fraß die Streichhölzer. Das Zelt fiel einige Male um, und die Kopfschmerzen wurden jedesmal stärker, wenn der Zycota zum Wasserholen das Zelt verließ und das Schild herunterkam.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Dienstag, 10. Februar 2004
Die Anfänge des Ahlers' schen Affentheaters
waren furchtbar bescheiden - sie waren jämmerlich. Eine brutale Wahrheit, die von den Tierschauhistorikern in Deutschland feige verschwiegen wird. Es ist an uns, ihr endlich zum Licht zu verhelfen. Maßen wir uns Unerreichbares an? Sind doch unsere bisherigen tierschauwissenschaftlichen Abhandlungen nahezu unbeachtet geblieben. Einerlei! Wir wagen es erneut.

Die Anfänge des Ahlerschen Affentheaters also gehen zurück in das Frühjahr 1834, als der Hanslois Zycota, ein Bursch' von vielleicht neunzehn Jahren, zu violetter Wachsmalkreide griff und auf einem recht ungleichmäßig zurechtgesägten Brett das Wort "Aphentheater" aufmalte, in auch nach damaligem Verständnis unmoderner Schreibweise dieses allerdings unerquicklich langen und ungelenken Worts, und so ungeschickt, dass die Buchstaben t, e und r, welche es doch abschließen sollten, nicht mehr auf die Schreibfläche passten. Der Zycota beschloss bei sich, dass er den Besucher des Spektakulums für diese Ungelegenheit werde entschädigen müssen, und zwar durch Herabsetzung des sonst anzuwendenden Eintrittsgeldes um nicht weniger als 12,5 % , weshalb er dieses, um gleichwohl auf den angestrebten Umsatz von 10 Kreuzern je Visiteur zu kommen, entsprechend zunächst um 14,286% gegenüber dem ursprünglich veranschlagten Preis zu erhöhen hätte. Das solchermaßen fertiggestellte Schild, wie er sein Machwerk mit kühnem Gedanken hieß, befestigte er mit dem alten Strick, den ihm der Meister damals zum Abschied um den Hals geworfen hatte, über dem Zelteingang, hoffend, dass die Besucher diesen rasch durchschreiten würden, wenn sie sich einmal überhaupt entschlossen hätten, da er es für denkbar hielt, dass es sich bei starkem oder bei fehlendem Wind (oder auch sonst) leicht lösen könne.

In den ersten Tagen fanden sich keine Besucher, weshalb der Zycota Ruhe fand, das Meerschwein, welches in diesen ersten Anfängen das später hoffentlich breitere und nach den Planungen vielleicht auch einmal Affen umfassende Angebot sozusagen zu repräsentieren hatte, auch gebührend auf die demgemäß verantwortungsbeladene Aufgabe vorzubereiten. Leider wurde während desselben Zeitraums die vorerwähnte Wachsmalkreide von heftigen Regenfällen im wesentlichen von dem Schild heruntergewaschen und war auch immer wieder das Meerschwein unpässlich, wahrscheinlich infolge Überforderung.

... link (0 Kommentare)   ... comment