Freitag, 13. Februar 2004
Leider stellte der Zycota zu spät fest,
als er sich heiser geschrieen hatte, dass das Meerschwein vor Lärm Angst hatte und sich davon furchtbar einschüchtern ließ. Es kam dann zu Konzentrationsstörungen, nach solchen Schimpfkanonaden, die es dem armen Tier unmöglich machten, das ihm vom Zycota mühsam Antrainierte auch in ansprechender Form vorzuführen - weder das Feuerschlucken noch das Siebenereinmaleins noch die "Brennende Blindenschrift" wollten ihm dann noch gelingen. Nach einigen Tagen im Zelt mit dem Zycota und ganz vergeblichen Bemühungen um die Blindenschrift bekamen beide bösartige Kopfschmerzen. Der Zycota begann, an der Strategie zu zweifeln (es werde erst wieder zu essen geben, wenn das Programm stand und perfekt saß). Das Meerschwein wirkte erschöpft und fraß die Streichhölzer. Das Zelt fiel einige Male um, und die Kopfschmerzen wurden jedesmal stärker, wenn der Zycota zum Wasserholen das Zelt verließ und das Schild herunterkam.

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Dienstag, 10. Februar 2004
Die Anfänge des Ahlers' schen Affentheaters
waren furchtbar bescheiden - sie waren jämmerlich. Eine brutale Wahrheit, die von den Tierschauhistorikern in Deutschland feige verschwiegen wird. Es ist an uns, ihr endlich zum Licht zu verhelfen. Maßen wir uns Unerreichbares an? Sind doch unsere bisherigen tierschauwissenschaftlichen Abhandlungen nahezu unbeachtet geblieben. Einerlei! Wir wagen es erneut.

Die Anfänge des Ahlerschen Affentheaters also gehen zurück in das Frühjahr 1834, als der Hanslois Zycota, ein Bursch' von vielleicht neunzehn Jahren, zu violetter Wachsmalkreide griff und auf einem recht ungleichmäßig zurechtgesägten Brett das Wort "Aphentheater" aufmalte, in auch nach damaligem Verständnis unmoderner Schreibweise dieses allerdings unerquicklich langen und ungelenken Worts, und so ungeschickt, dass die Buchstaben t, e und r, welche es doch abschließen sollten, nicht mehr auf die Schreibfläche passten. Der Zycota beschloss bei sich, dass er den Besucher des Spektakulums für diese Ungelegenheit werde entschädigen müssen, und zwar durch Herabsetzung des sonst anzuwendenden Eintrittsgeldes um nicht weniger als 12,5 % , weshalb er dieses, um gleichwohl auf den angestrebten Umsatz von 10 Kreuzern je Visiteur zu kommen, entsprechend zunächst um 14,286% gegenüber dem ursprünglich veranschlagten Preis zu erhöhen hätte. Das solchermaßen fertiggestellte Schild, wie er sein Machwerk mit kühnem Gedanken hieß, befestigte er mit dem alten Strick, den ihm der Meister damals zum Abschied um den Hals geworfen hatte, über dem Zelteingang, hoffend, dass die Besucher diesen rasch durchschreiten würden, wenn sie sich einmal überhaupt entschlossen hätten, da er es für denkbar hielt, dass es sich bei starkem oder bei fehlendem Wind (oder auch sonst) leicht lösen könne.

In den ersten Tagen fanden sich keine Besucher, weshalb der Zycota Ruhe fand, das Meerschwein, welches in diesen ersten Anfängen das später hoffentlich breitere und nach den Planungen vielleicht auch einmal Affen umfassende Angebot sozusagen zu repräsentieren hatte, auch gebührend auf die demgemäß verantwortungsbeladene Aufgabe vorzubereiten. Leider wurde während desselben Zeitraums die vorerwähnte Wachsmalkreide von heftigen Regenfällen im wesentlichen von dem Schild heruntergewaschen und war auch immer wieder das Meerschwein unpässlich, wahrscheinlich infolge Überforderung.

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Sonntag, 18. Januar 2004
Kleine Übung zum Semikolon
Mein Lieblingssatzzeichen ist das Semikolon. Nach Umfragen gehöre ich damit aber zu einer kleinen Minderheit von 0,48% der bundesdeutschen Wohnbevölkerung; bei denen, die Deutsch schreiben, sind es es sogar nur 0,23%. Der Grund sind übrigens die Serben, bei denen statt der Ausrufezeichen Semikola gesetzt werden, was zu sehen ist in Verbindung mit dem Umstande, dass ein durchschnittlicher serbischer Text im Grunde eine einzige Schreierei ist, außer den Autoprospekten und den Gebrauchsanweisungen für Digitalwecker, aber das wird dort kaum gelesen; man kann sich also vorstellen, dass es in einem durchschnittlichen serbischen Text von Semikola nur so wimmelt. Meines Erachtens - wohl in den Augen eines jeden mitteleuropäischen Sprachwissenschaftlers und Germanisten - ist das allerdings ein eklatanter Fehlgebrauch des Semikolons. Ich finde, dass die Aussage des Ausrufezeichens durch kein Zeichen annähernd so präzise reflektiert wird wie durch das Ausrufezeichen (mit Abstrichen: des Doppelpunkts). Wussten Sie, dass Serbien frühestens im Jahre 2026 der Europäischen Union beitreten wird, nach Algerien und Kanada? Sie sehen, dass das Semikolon eine ungeheuere Bedeutung hat, die in der allgemeinen Bevölkerung (ich sage nur: lachhafte 0,23%) vollkommen unterschätzt wird. Mein kürzlich verstorbener Doktorvater hatte mich seinerzeit zuallererst zu einer Arbeit zum Semikolon überreden wollen, was ich damals aus Unreife abgelehnt habe. Ich bestand auf dem Punkt oder dem Fragezeichen (ich sollte erwähnen, dass mein Doktorvater letztlich wegen seiner Arbeiten zur Allgemeinen Satzzeichenlehre berufen wurde); aber b e i d e hat damals die Ludmilla bekommen, mit der er - das habe ich später erfahren - ein Verhältnis hatte (vom Punkt hatte sie keinen Schimmer und die Kapitel zum Fragezeichen hat der Zweitgutachter gar nicht mehr gelesen). Das Semikolon hat dann ein Gastpromovend aus Taiwan bekommen. Ein begnadeter Germanist, der allerdings praktisch kein Deutsch konnte und die Arbeit auf Französisch schreiben musste - damals noch ein ziemlicher Skandal am Institut; Deutsch wurde geradezu vorausgesetzt. Der Vorfall erklärt aber, warum ich vom Semikolon trotz seiner Bedeutung so wenig weiß.

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